BR24 - Bericht
"Volxküche": Kunden zahlen Essen für Bedürftige
Ob Strom, Heizung oder Lebensmittel: Alles wird teurer. Diesem Trend stemmen sich zwei Bistro-Betreiber aus Bad Windsheim entgegen. Statt die Preise zu erhöhen, wollen sie ihren Kunden durch den Winter helfen, mit der bezahlbaren "Volxküche".
Marion Brüggen und ihr Partner Martin Rienecker betreiben mit dem "Good" seit gut einem Jahr ein beliebtes veganes Bistro in Bad Windsheim. Auch sie kämpfen mit den gestiegenen Energie- und Erzeugerpreisen und müssten diese an ihre Kunden weitergeben. Doch weil auch die unter der Inflation leiden, haben die beiden Gastronomen beschlossen, die Preise nicht zu erhöhen, sondern genau das Gegenteil zu machen: Sie bieten diesen Winter die sogenannte "Volxküche" an. Ein soziales Projekt, mit dem sie gemeinsam mit ihren Kunden durch diesen schwierigen Winter kommen wollen.
Mit "geretteten" Lebensmitteln täglich ein bezahlbares Gericht kochen
Von den Lebensmittellieferanten für sein veganes Bistro in Bad Windsheim bekommt Martin Rienecker auch Gemüse, das aus rein optischen Gründen nicht in die Gastronomie wandert - weil es zum Beispiel schon etwas angetrocknet ist. Diese 1B-Ware landet in der Regel auf dem Müll. Martin Rienecker hat sich entschlossen, diese Lebensmittel zu "retten".
Daraus zaubert der Autodidakt in seiner winzigen Bistro-Küche täglich ein Gericht. Es wird mittags als günstige warme Mahlzeit angeboten. Das Gericht kostet 3,50 Euro. Jeder Kunde darf es kaufen. Damit haben Rienecker und seine Partnerin Marion Brüggen Anfang Oktober ihr Projekt "Volxküche" in ihrem Bistro gestartet. Doch weil sie Kunden haben, die sich offenbar selbst dieses Gericht nicht leisten können, haben sie ihre Idee erweitert.
"Take a Meal, Share a Meal" für bedürftige Kunden
Jeder Kunde, der es sich leisten kann, kauft dieses günstige Mittagsgericht für sieben Euro statt für 3,50 Euro und bezahlt damit eine zusätzliche Mahlzeit für einen bedürftigen Kunden. Dafür wird ein Verzehrbon an der Kasse hinterlegt.
"Das ist wichtig für die Psychologie", sagt Geschäftsführerin Marion Brüggen. Das senke die Hemmschwelle für Spender und Empfänger. Bedürftige fragen einfach nach diesen Bons, bekommen diese und "bezahlen" damit ihre kostenlose Mahlzeit. Und es sind immer genug Bons da, sagt Marion Brüggen, vor allem für Rentner, Azubis und Schüler.
500 günstige Gerichte pro Woche
Als die Gastronomen im Oktober damit angefangen haben, ahnten sie nicht, welches Ausmaß ihr Projekt annehmen würde. Heute wissen sie, dass etwa 500 günstige Mahlzeiten pro Woche nachgefragt werden und bereits über 800 Kilogramm Lebensmittel gerettet wurden. Dass so ein hoher Bedarf in Bad Windsheim besteht, hat sie doch überrascht. Die Beiden genießen das neue Gemeinschaftsgefühl ihrer Kundschaft in ihrem Bistro. Es sei eine neue Wertschätzung und ein neues Miteinander entstanden, sagen sie.
"Volxküche" nur ein Winterprojekt
Das Sozialprojekt "Volxküche" läuft befristet bis zum 1. März. Doch es hat inzwischen eine gewaltige Eigendynamik entwickelt. Viele Kunden unterstützen es nicht nur, indem sie ein Zusatzgericht für Bedürftige mitbezahlen, sondern spenden inzwischen Lebensmitteln und wollen auch sonst mithelfen und unterstützen. "Da ist in den vergangenen zwei Monaten so viel entstanden, das man nicht einfach so wieder aufgeben kann", sagt Marion Brüggen. Deshalb denken die beiden Bistrobetreiber jetzt darüber nach, wie sie das Projekt ab dem Frühjahr fortführen können. Gemeinsam mit ihren Kunden suchen sie nach einer Lösung, vielleicht einen Trägerverein.
Quelle: https://www.br.de/nachrichten/bayern/gastronomen-senken-die-preise-volxkueche-in-bad-windsheim,TOph675