Meinung – oder warum ich keine habe (und das okay ist)
Meinung – oder warum ich keine habe (und das okay ist)
In letzter Zeit werde ich immer öfter nach meiner Meinung gefragt. Zu politischen Themen, zu gesellschaftlichen Debatten, zu Dingen, die anscheinend „jeder“ gerade diskutiert. Ich verstehe das – wir leben in einer Zeit, in der Meinung eine Währung ist. Jeder soll eine haben, jeder soll sie laut sagen, am besten mit Nachdruck und ohne Zweifel.
Aber hier ist meine Meinung dazu: Ich weiß nicht alles. Ich kann nicht alles wissen. Und ich maße mir nicht an, jemanden zu verurteilen, nur weil er etwas anderes denkt als ich.
Meinung als Identität? Nein, danke.
Vera F. Birkenbihl hat mal gesagt:
👉 „Wer seine Meinung nicht ändern kann, liebt sich selbst mehr als die Wahrheit.“
Und genau das trifft es für mich. Eine Meinung ist nichts Statisches, nichts Absolutes. Sie ist ein Zwischenstand. Ein Punkt auf der Karte des Lebens, der sich verändert, je nachdem, welche Erfahrungen man macht und welche neuen Perspektiven man kennenlernt.
Ich sehe oft, wie Menschen ihre Meinung wie eine Identität behandeln. Als etwas, das sie definiert. Aber was passiert dann? Dann ist jeder Widerspruch ein Angriff. Jede neue Information eine Bedrohung. Und plötzlich geht es nicht mehr um Wahrheit, sondern nur noch darum, Recht zu haben.
Veganismus? Elektroautos? Ganz ehrlich…
Ich werde oft gefragt, wie ich zum Veganismus stehe. Und ja, ich koche vegan – aber nicht, weil ich eine ideologische Mission habe. Sondern weil es mir eine unglaubliche kreative Freiheit gibt. Ich kann mit Aromen, Texturen und Zutaten spielen, ohne mich an Traditionen oder Konventionen zu halten. Das ist für mich fast schon egoistisch – es macht mir einfach Spaß. Aber ich sehe auch die Gegenargumente: Landwirtschaft ist komplex, Ernährungsweisen sind individuell, und nicht jeder kann oder will vegan leben. Und das ist okay.
Das Gleiche gilt für Elektroautos. Ja, ich finde die Idee gut. Aber Kobaltabbau? Die Umweltbilanz der Batterien? Ich sehe die Probleme. Und ich glaube nicht daran, dass es nur eine einzige Lösung gibt. Technologien sind Werkzeuge, keine Heilsbringer.
Meinung – oder warum ich keine habe (und das okay ist)
Ich denke oft: Was bringt es eigentlich, sich an festgefahrenen Meinungen abzuarbeiten? Wie oft haben wir wirklich eine Diskussion, die nicht nur ein verbales Tauziehen ist? In der nicht nur darauf gewartet wird, wann man selbst wieder reden darf?
Ich glaube, es ist okay, nicht immer eine Meinung zu haben. Oder eine, die sich mit der Zeit verändert. Es ist okay, Dinge nicht zu wissen, Fragen zu stellen und zuzugeben, dass die Welt komplexer ist als Schwarz-Weiß.
Und vor allem ist es okay, sich nicht auf Kriege einzulassen, die nur darum gehen, wer am lautesten bleibt.
Am Ende des Tages geht es mir nicht darum, Recht zu haben. Sondern darum, weiterzulernen. Und das kann ich nur, wenn ich bereit bin, zuzuhören.
Was denkst du? Kannst du deine Meinung ändern? Oder hältst du an ihr fest, weil sie dich ausmacht?